Die Fortsetzung von:
In Deutschland angekommen wurden wir von der Polizei an der bayrischen Grenze in Busse gesetzt, die uns irgendwo hinbringen sollten. Wir hatten keine Ahnung wohin es gehen sollte. Sofern man uns das gesagt hat, konnten wir es nicht verstehen, weil wir ja kein Deutsch sprechen. Am Ende landeten wir in einer Stadt namens Wuppertal. Dort wurden wir mit vielen anderen in einer großen Halle untergebracht:
Wir wunderten uns, denn auf der Reise nach Deutschland hatten wir von mehreren Menschen erfahren, dass wir als Begrüßungsgeschenk pro Kopf 3.000 EUR und als Familie ein Haus, zumindest aber eine Wohnung erhalten sollten. Und jetzt das. Da hatten wir in der Türkei, wo für eine Familie wenigstens ein Einzelzelt zur Verfügung stand, ja noch mehr Privatsphäre. Mein Vater war enttäuscht. Meine Mutter beruhigte ihn und sagte ihm, dass das alles nur vorläufig sei und man sich bestimmt bald um die Wohnung kümmern würde.
Aber es verging Woche um Woche. Mein Vater ging zum Flüchtlingsamt und wurde immer wieder vertröstet. Zuerst müsse geprüft werden, ob wir aus Syrien seien. Dann müsse beurteilt werden, ob wir das Bleiberecht bekämen. Wir Kinder kamen aber recht schnell in deutsche Schulen. Die Schule hatte gerade begonnen und Ich kam in die vierte Klasse der Grundschule und war geschockt. In Aleppo hatten wir gelernt bis 100 zu zählen und Zahlen von 10 bis 10 zu multiplizieren. Hier rechneten die Kinder schon mit viel größeren Zahlen. Da mir aber Mathematik schon immer viel Spaß machte, fühlte ich mich in Aleppo eigentlich unterfordert und kam recht schnell mit. Denn sie benutzen ja auch arabische Zahlen.
Das größte Problem für mich war ihre Schrift, denn sah so ganz anders aus als unsere. Wenn ich ein paar Worte nach ihrem Klang zu verstehen lernte, so blieb es mir trotzdem ein vollständiges Rätsel wie sich diese Worte schreiben. Und da die deutschen Kinder ja alle schon längst lesen und schreiben konnten, war das für mich ein Riesenproblem.
Aber – Allah sei Dank – gab es nach der Schule Nachhilfekurse für uns und so lernte ich nach und nach die europäische Schrift. Allerdings hätte ich lieber mit den deutschen Jungs Fußball gespielt, als so viel Nachhilfe zu haben. Und nach der Nachhilfe kam ich wieder in das Massenlager, weil man uns immer noch keine Wohnung gegeben hatte. Mein Vater wurde darüber langsam wütend. Er sagte, dass Frau Merkel uns doch nicht hätte rufen sollen, um uns dann in Lagerhallen einzupferchen.
Meine Mutter versuchte ihn immer wieder damit zu beruhigen, dass es anderen doch viel schlechter gehe als uns. Sie zeigte ihm auf ihrem Smartphone – welches sie sich inzwischen von dem Geld gekauft hatte, was wir von den Deutschen bekamen – Bilder von Idomeni und davon, dass unsere Landsleute dort nicht mehr weiterkamen. Vater bezichtigte Frau Merkel eine verdammte, gottlose Lügnerin zu sein. Denn er hatte inzwischen erfahren, dass wir auch kein Auto bekommen sollten. Er war nämlich in der Moschee gewesen und dort hatten ihm türkische Muslime gesagt, dass sie schon seit vielen Jahren in Deutschland wohnen und auch kein Auto besitzen.
Am Wochenende spazierten wir durch die Stadt. Wir waren in einem Ortsteil namens Barmen untergebracht. Dieser hatte mit den Photos, die meinem Vater gezeigt worden waren, nichts zu tun. Hier gab es keine Schlösser und auch nur sehr wenig Grün. Es fuhren zwar sehr viel mehr Autos als in Syrien herum, aber die Autos hatten keine 500 PS und waren überwiegend ältere Modelle. Und das in Deutschland, wo doch alle namhaften Autohersteller herkommen. Auch waren die Straßen in einem schlechten Zustand. Es wimmelte nur so vor Schlaglöchern. In manchen Straßen wohnten nur türkische Familien. Vor allem in den ärmlichen Straßen. Eigentlich bestand ganz Barmen aus ärmlichen Straßen. Das also sollte das reiche Deutschland sein? Das das Land von Frau Merkel, die uns zu sich gerufen hatte? Wenn es den Türken hier schon so schlecht ging, wie sollte es uns Syrern künftig gehen?
Eines Tages fuhren wir mit der Schwebebahn in einen Stadtteil namens Elberfeld. Dort gingen wir den Berg rauf und landeten in einem Viertel mit sehr schönen Häusern:
Das war endlich das Deutschland was wir uns erwartet hatten. Hier wohnten auch keine Türken. Was uns aber verwunderte waren die kleinen Autos, die vor diesen riesigen Häusern standen. Mein Vater vermutete, dass das wohl die Autos der Bediensteten der reichen Deutschen seien. Wenn jetzt aber schon so viele Türken keine Autos hatten, wie sie meinem Vater in der Moschee erzählten, gab es scheinbar auch viele Deutsche, die sich keine schönen Autos leisten können.
Wir gingen wieder nach Elberfeld hinunter und spazierten durch die Innenstadt. Hier gab es ein paar sehr schöne Geschäfte. Die Marken die sie verkauften waren uns unbekannt. Wir schauten nur auf die Preisschilder für einzelne Produkte und wunderten uns. So waren wir in einem Laden namens Peek & Cloppenburg. Es war schon kühl geworden und wir waren auf der Suche nach warmen Sachen. Meine Mutter traf beinahe der Schlag, als sie sah, dass ein Mantel 600 EUR kosten sollte.
Damals wussten wir noch gar nicht, dass man in Düsseldorf auch Mäntel für 4.000 EUR und mehr von einer Marke namens Armani kaufen kann. Wie unendlich reich mussten diese Deutschen doch sein, wenn sie sich solch teure Mäntel leisten können? Aber dann bemerkten wir schnell, wie viele andere Geschäfte es gab. KiK, Tedi und viele andere Billigläden. Hier konnten auch wir uns etwas von dem Geld kaufen, was wir von den Deutschen jeden Monat bekamen. Wir wurden allerdings von immer mehr Deutschen komisch angeschaut, wenn wir dort einkauften. Oder auch im ALDI, wo man besonders günstig einkaufen konnte. Nur Fleischprodukte konnten wir nicht kaufen, weil wir nicht wussten wo Schwein drin war und wo nicht. Es stand nirgendwo drauf, ob es halal war oder nicht. Aber auch wenn es Rind oder Lamm gewesen wäre, es wäre bestimmt nicht geschächtet worden, so dass es keinesfalls halal sein konnte. Mein Vater bekam aber eines Tages in der Moschee einen Tipp, wo er halales Fleisch beschaffen konnte. Ein alter Türke schlachtete in seinem Keller. Ihm gehörte das ganze Haus, so dass herzzerreißende Geschrei der Lämmer niemand mitbekam.
Einmal nahm ich etwas aus dem Regal und fragte einen jungen Mann neben mir “Ist halal?“. Er zuckte nur mit den Schultern uns murmelte etwas von “Leck mich doch am Arsch, du kleiner Musel”“. Er scheint nicht gewusst zu haben was halal bedeutet vermute ich, so wie auch andere Menschen es nicht wussten. Wie können diese Deutschen nicht wissen was halal ist? Und wie können Sie überhaupt diese ekligen Schweine essen?! So sieht so ein Schwein aus:
So was kann man doch nicht essen! So ein dreckiges, fettes Vieh.
In der Moschee erklärten sie meinem Vater, dass die Deutschen Gottlose seien. Es gäbe keine Gesetze für sie, die regeln was sie essen dürften und was nicht. Sie würden auch ihre Frauen nicht verhüllen, weil sie sie wie Tiere betrachten würden. So gäbe es in Deutschland Clubs wo mehrere Männer gleichzeitig mit Frauen verkehren würden. Gangbang-Party würde sich so was nennen. Und die deutschen Frauen seien wie läufige Hündinnen und würden das genießen. Sie besäßen einfach keine Ehre und würden mit jedem Sex haben.
To be continued…
Relotius Style? Spaß beiseite.
Der Auslandssender Deutsche Welle soll angeblich im TV erzählt haben, das Singles 3000 Euro und Familien 5000 Euro bekommen würden in Deutschland.
Ja “angeblich“, denn ich habe das eben recherchiert und absolut nichts dazu finden können. Falls es dafür einen Beleg gibt, dann bitte unbedingt her damit!
Ich mag hier einfach keine falschen Informationen verbreiten. Davon sind leider schon viel zu viele im der Welt.
So, und nun viel Spaß noch bei “Pulp Fiction“!