Bekanntlich gibt es ja für Normalmenschen praktisch keine renditestarken Anlagemöglichkeiten mehr. Die Immobilienpreise sind in manchen Gegenden nachgerade explodiert. Wo ich 2009 in Ludwigsburg noch von Privat für 150.000 EUR eine 3-Zimmer Erdgeschosswohnung mit Stellplatz und kleinem Garten in der Hohenecker Heimengasse kaufen konnte …
… mit Blick auf den Weinberg und dessen alte Burgruine, und dabei keine 200 m vom Neckar entfernt …
… gibt es derzeit sogar solchen Dreck wie Etagenwohnungen nicht mehr unter 250.000 EUR …
… geschweige denn Wohnungen in der absoluten TOP-Wohnlage Hoheneck.
Neben den durchaus guten Mieteinnahmen dürfte diese Wertsteigerung wohl einer der besten Deals meines Lebens gewesen sein.
Nun bin ich ja derzeit Besitzer folgender Youngtimer:
- TVR Griffith 430 Bj. 93
- Mercedes C126 500 Bj. 91
- Mercedes R129 500 Bj. 92
- Mercedes W201 2.5 16V Bj. 93
Und so war der Besuch der Techno Classica für mich natürlich Pflicht. Alleine schon um zu schauen in welche Richtung sich mein Garagengold so entwickelt. Wie üblich fuhr ich erst am Sonntag. Gemeinsam mit einem langjährigen Kunden betrat ich um 14.00 Uhr die heiligen Hallen. Es war schon recht leer aber die Stände waren alle noch besetzt und auf den Außengeländen war auch noch was los. Abgesehen von einem armen Irren, der versuchte eine rote Fiat Barchetta für knapp 6.000 EUR an den Mann (oder die Frau) zu bringen, waren recht wenige Low-Budget-Autos zu sehen. VW Käfer oder ältere Opel habe ich nicht wahrgenommen. Vielmehr dominierten Hochpreisyoungtimer das Geschehen. Selbst zwei DeTomaso Pantera mussten sich draußen die breiten Schlappen plattstehen, wobei die jetzt nicht mehr wirklich Youngtimer sind.
Der Messebesuch begann mit Karl Lagerfelds ehemaligem BMW in Bicolor-Prollolackierung:
Den hatte ich in schwarzmetallic mal als 730er. Sehr schöne, schwere Reiselimousine.
Nachfolgend der BMW “Goldfish“:
Da ich mir auf der Messe die Beschreibung nicht durchlas ging ich davon aus, dass die vorne und hinten jeweils einen V8 reingeschraubt hatten, um sozusagen einen V16 auf die Räder zu stellen. Wozu sonst die Kühllufteinlässe hinten seitlich? Aber weit gefehlt, die Bayern schraubten doch tatsächlich einen V16 vorne rein. Statt die Front zu verlängern, damit die so ein Trumm aufnehmen kann, verlagerten die BMW Ingenieure die Kühlung einfach in den Kofferraum. Was für ein völlig abstruses Projekt!
Stehen blieben wir am RO 80 Stand. Als ich recht laut vernehmbar sagte: “Wunderschönes Auto aber leider technischer Kernschrott” protestierte der Herr mit der Glatze rechts im Bild und erzählte uns, dass das Problem mit dem Wankel bereits 1970 gelöst worden sei und die Autos im Club teilweise Fahrleistungen von 600.000 km runter hätten. Wir begannen ein nettes Benzingespräch bei dem u.a. herauskam, dass sein wirklich TOP-restaurierter RO 80 vielleicht so 33.000 EUR kosten würde.
Mit TOP meine ich Neuzustand!
Ich überlege ernsthaft, ob so ein RO 80 mit nachgerüsteter Klimaanlage nicht vielleicht was für den älteren Herrn Usmiani (so ab 60) wäre. Da es mir nicht auf das H-Kennzeichen ankommt, könnte ich mir auch einen Motorumbau vorstellen. Ich finde die Karosserie einfach schlicht genial:
Keilform designed in 1967!
Wenn es für mich neben dem Citroën CX ein weiteres epochales Fahrzeug gab, dann war es der RO 80. Danach kam nichts mehr. Bis der W201 die technische Linie und die klaren Sicken des RO 80, in Verbindung mit dessen Keilform, wieder aufgriff und modern – aber bis heute absolut zeitlos – neu interpretierte.
An einem automobilen Hobbit vorbei …
… ging es auf das erste Freigelände zu Weißbier und Bratwurst und natürlich weiterem “Autogucking“.
Sehr schöner 560 SEC mit leichten Abzügen in der B-Note (Chrom) und etwas problematischer Ausstattung. Das Schiebedach und die Klimaautomatik sind irgendwann nämlich reparaturanfällig. Mit blauer Veloursausstattung (trotz sehr guten Zustandes) auch nicht meine erste Wahl. In so ein Auto gehört einfach Leder. 33.900 EUR bei einer sehr geringen Laufleistung von 47.000 km sind natürlich ein Wort.
Andererseits, dafür bekomme ich heute einen neuen, dieselfurzenden Golf GTD mit lächerlichen 184 PS und noch einem kleinen Extra wie z.B. anklappbaren Seitenspiegeln.
Wieder zurück in den heiligen Hallen begegneten wir: Fassungslosigkeit!
Falls Sie es nicht lesen können sollten. Auf dem Preisschild des Samba-Bullis steht: 115.000 EUR!!!
Und wir begegneten: Automobilem Größenwahn.
Also wenn das so ist, dann behalte ich meinen W201 2.5 16V noch eine Weile. Denn auch der hat sich sehr gut entwickelt, seitdem ich ihn für knapp 9.000 EUR gekauft habe. Ein Exemplar in “Brilliantsilber” mit ca. 170.000 km Laufleistung, Teilleder und Automatik sollte …
… bringen.
Mein Kunde fragte was so ein Stellplatz auf der Außenfläche eigentlich kostet. Es sind schlappe 550,00 EUR. Danke, nein! 550 EUR zahlen, um mich mit lauter Bescheuerten unterhalten zu “dürfen” und nicht eine einzige Probefahrt machen zu können?! Da verkaufe ich den Babybenz dann irgendwann doch besser direkt aus meiner Garage heraus.
Völlig durchgeknallt sind m.E. inzwischen die Preise für die EVO II:
Stellen Sie sich jetzt bitte einfach mal vor: Sie wären mit dem Ding da oben im Jahre 2000 vor irgendeinem 5-Sterne Hotel in Europa vorgefahren. Da wäre das gerade mal ein 8 Jahre alter Gebrauchter gewesen. Ich behaupte: Man hätte Sie wie einen räudigen Köter aus der Hotelzufahrt verjagt.
Heute aber sind so manche Youngtimer-Ferrari wie z.B. 308, 328 und selbst 348 im Vergleich zu der vermeintlichen Oberprolloschüssel vergleichsweise Sonderangebote.
169.900,00 EUR!
Weiter ging es vorbei an einem potentiellen Spielzeug für den kleinen Jerko …
… (der die Felgen auch für seinen W201 16V ziemlich sexy fände – schließlich wurde der ganz ursprünglich ja auch mal für den Rallyeeinsatz konzipiert) … und einem der schönsten Coupés aller Zeiten:
Wir kamen ins Gespräch mit einem Mann, der für sagenhaft günstige 45.000 EUR einen kleinen Fiat 600 ohne Dach, dafür aber mit “Korbsesseln” verkaufen wollte …
… wegen dessen Restaurierung ihn seinerzeit beinahe seine Frau verlassen hatte. Auf der Messe gab es laut Auskunft des Verkäufers noch ein Exemplar dieses überaus raren kleinen Spaßmobils. Vermutlich wird es sich da aber um einen Fiat 500 Jolly gehandelt haben, denn der wurde für sagenhafte 129.000 EUR angeboten.
Der kleine Jerko sah die erste sechsflutige Auspuffanlage in seinem Leben …
… und überlegte sich, ob sowas seinem AMG nicht auch gut stehen würde. Aber der Ferrari oben hat halt 12 Zylinder und der AMG nur 8. 🙁
Für Lamborghini Miura werden inzwischen keine Preise mehr ausgewiesen …
… das Lieblingsspielzeug der Londoner Broker wird vermutlich nur noch in Platin aufgewogen.
Dann fanden wir noch den direkten Vorfahren des Porsche 959, allerdings in der wintertauglichen Version mit Schneepflug und F40 Heckflügel …
… und fragten uns warum Škoda als “Pionier beim Bau aerodynamischer Automobile” eigentlich auf das “quadratisch, praktisch, gut” Design umstellte.
Natürlich gab es auch echte “Oldtimer“, für die sich aber so gut wie niemand wirklich interessierte:
Vermutlich sind diejenigen, deren Papis sowas zu ihren Kinderzeiten noch fuhren, inzwischen alle verstorben.
Völlig zeitlos hingegen ist ein Hochtechnologieprodukt der Deutschen Wehrmacht …
… welches ich am liebsten sofort mitgenommen hätte (ja, “auf die Hand” bitte), es in sandfarben hätte umpinseln lassen, um es alsdann mit den Emblemen des Rommel´schen Afrika-Corps zu versehen. Das wäre das optimale Inselspielzeug für Kroatien …
… übersteigt aber mit “nur” 99.000 EUR leider finanziell doch etwas meine Möglichkeiten. Soll also bittschä irgendso ein doofer Scheich in seinem Swimmingpool damit glücklich werden.
Für 79.000 EUR wurde ein DeTomaso Pantera angeboten. Wenn ich meine kleine Sammlung auflöse, wäre das noch ein Spielzeug für mich. Grundsolide US V8-Bauerntechnologie, die selbst in Kroatien jeder mit einem Schraubenzieher und einem Vorschlaghammer reparieren kann. Klimaanlage rein und die breitesten Reifen drauf, die wo gibt. Damit dann auf Photosafari durch Kroatien donnern und man ist garantiert überall die Attraktion des Tages. Ich fand das Auto wegen seiner extremen Form schon immer geil.
Zuletzt noch ein kurioser Porsche:
710 PS im Racing-Look. Irgendwie trotz der 996er Spiegelei-Scheinwerfer charmant auf alt gemacht. Kurs: 115.000 EUR. Sraßenzulassungstauglich allerdings – und auch das nur vermutlich – leider allein in Dubai.
Haben Sie eine vielleicht Idee wozu das dritte (kleine) Auspuffrohr (unten links) dienen soll?